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Lindholm Høje

Lindholm Høje


Einer der für mich beeindruckendsten und gleichsam friedlichsten Plätze der skandinavischen Eisenzeit liegt im Norden der Insel Jütland in Dänemark. Lindholm Høje ist in erster Linie für seine zahlreichen Schiffssetzungen bekannt. Das Gräberfeld beherbergt allerdings insgesamt 682 verschiedene Gräber, die zwischen dem 5. und 10. nachchristlichen Jahrhundert errichtet worden sind. Es ist damit das größte Gräberfeld Dänemarks. Die meisten Toten wurden verbrannt, es gibt allerdings auch einige Körpergräber mit entsprechenden Beigaben, wie Langsaxe oder Schmuck. 

 

Bei den jüngeren Gräbern handelt es sich um die bekannten Schiffssetzungen, die auf die Zeit zwischen 800 und 1000 n. Chr. datiert sind. Diese weisen entweder eine dreieckige oder eine runde, teilweise auch ovale Bootsform auf. Den Infotafeln vor Ort ist zu entnehmen, dass es sich bei den dreieckigen Steinsetzungen um Männergräber handelt, wohingegen die runden und ovalen Frauengräber sind. Die Bootsform wurde offensichtlich gewählt, um die Toten auf die Reise ins Totenreich zu schicken. Interessant ist, dass diese Form der Bestattung nicht gerade auf christliche Einflüsse hindeutet, jedoch einige Toten ohne Beigaben bestattet worden sind. Offenbar handelte es sich bei ihnen durchaus um Christen und man kann hier ein Beispiel für die Übergangszeit und Verschmelzung des Glaubens finden.    

 

Weniger bekannt ist, dass sich nördlich des Gräberfelds eine kleine Siedlung mit angrenzenden Feldern befand. Besonders interessant ist, dass diese Siedlung Lindholm Høje versandet ist. Sie wurde von einem so gewaltigen Sandsturm heimgesucht, dass der Hof mit seinen Feldern von einer teilweise mehr als 30cm hohen Sandschicht begraben worden ist. Die dort ansässigen Menschen gruben den gewaltigen Bereich nicht aus, sondern zogen weiter, sodass der Platz lange verborgen lag. Erst um 1900 entdeckte man den Platz wieder und untersuchte ihn dann zwischen 1952 bis 1956 durch archäologische Ausgrabungen. Was für die Menschen damals eine Katastrophe war, ist heute für uns Glück: durch den Sand war die gesamte Siedlung so gut erhalten geblieben, dass man noch "frische" Spuren aus dem 11. Jahrhundert finden konnte. Dass die Siedlung spätestens zu Beginn des 12. Jahrhunderts unter dem Sand begraben worden ist, legt ein Münzfund von 1050 direkt auf dem Feld nahe. Neben Spuren von Brunnen und Pfostenlöchern fand man auch ein Grubenhaus, das offensichtlich eine Webkammer besaß, wie die Funde von Spinnwirteln und Webgewichte belegen.

 

Für die landwirtschaftliche Interessierten unter euch: Die Felder schliefen solange den versandeten Dornröschenschlaf, dass sich bei der Ausgrabung herausfinden ließ, wie die Dänen der Eisenzeit ihre Äcker bestellten. Verwendet wurde damals bereits ein Pflugschar, wie die "neunzig Zentimeter breiten, durch Furchen voneinander getrennten parallelen Erdbanketten", die einem Waschbrett glichen, zeigten. Die landwirtschaftliche Revolution des Mittelalters hatte hier also bereits stattgefunden. Auf dem großen, gepflügten Acker wurden bei den Ausgrabungen sogar noch die frischen Spuren eines zweirädrigen Karrens gefunden, auf dem offenbar der Bauer gefahren war, bevor der Sandsturm über den Ort hinwegfegte. 

 

Wir finden, dass die Kulisse von Lindholm Høje sehr beeindruckend und immer wieder einen Besuch wert ist, vor allem unter der Woche, wenn man den Platz für sich alleine hat und über das Gräberfeld wandeln und seinen Gedanken nachhängen kann. Auf dem Gelände befindet sich auch ein Museum, das wir selbst bisher nicht besichtigt haben, das sich aber lohnen soll. Ihr seht schon, wir müssen unbedingt wieder einmal zum Limfjord fahren.  

 

Literatur

Almgren, Bertil, u.a., "Die Wikinger", Essen 1975, S. 167.

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